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Geistreicher Performer: Sprachpreis für Bodo Wartke

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Ausgezeichnet: Musikkabarettist Bodo Wartke im Kasseler Rathaus.
Ausgezeichnet: Musikkabarettist Bodo Wartke im Kasseler Rathaus. © Andreas Fischer

Bodo Wartke empfängt im Kasseler Rathaus den Deutschen Sprachpreis

Kassel – Musikkabarettist Bodo Wartke hat am Sonntag in Kassel den Deutschen Sprachpreis der Henning-Kaufmann-Stiftung erhalten. Vorstandsmitglied Helmut Glück überreichte im Rathaus die mit 10 000 Euro dotierte Auszeichnung. Im Saal der Stadtverordneten würdigte man feierlich das Gesamtkunstwerk Wartkes sowie seine Verdienste um die deutsche Sprache.

Die Germanistinnen Jessica Ammer und Eva Büthe-Schneider, die wie Kassels ehemaliger Oberbürgermeister Bertram Hilgen dem Stiftungsvorstand angehören, hoben in der Laudatio Wartkes spielerischen Umgang mit Sprache hervor, der dem Publikum deren Reiz und Schönheit vor Augen führe.

So sei der geistreiche Performer nicht nur am Piano sein eigener meisterhafter Begleiter und als solcher einem breiten Publikum seit seinem Debüt-Programm 1997 („Ich denke, also singe ich“) vertraut. Er habe auch manchem LK-Schüler einen unerwartet lustvollen Zugang zu den Pflichtlektüren „Antigone“ und „Ödipus“ gewährt. In Wartkes humorvollen Einpersonenstücken seien sie zu neuem Leben erwacht, bis hinein in die Schulbücher. Sein moderner Sprachduktus sei doppelsinnig und sensibel, er mische in einzigartiger Weise gehoben pathetisches Spiel mit Derbem. Vor allem beeindrucke der geniale Wortakrobat, der Reime „wie Blüten am Wegesrand“ finde.

Doch grau ist alle Theorie, und so setzte der Prämierte zwischen literaturwissenschaftlichen Exkursionen zu musikalischen Erwiderungen am Flügel an. Besungen wurde das unscheinbare Wörtchen „durch“, das jeden Reim verweigere. Doch ein „Blütenjäger“ wie Wartke fand auch hier, was andere übersahen. Er windet, beugt oder bricht kunstvoll zusammen, was – Pardon – nicht bei drei auf den Bäumen ist. Aus dem Kranz der Strophen leuchtet eine vom Dialekt gefärbte mittelalterliche „Burch“ und ein etwas verdutzter „Schönheitschirurch“. Ein erschrockener „Lurch“ kann dank eines Krötentunnels gerade noch dem reinblütigen reimwütigen Pegasus des Norddeutschen entkommen. Fröhlich singt der Barde: „Da muss er durch, der Lurch.“

Ernste Töne schlägt der Hanseat in „Zweifel und Zuversicht“ aus dem Album „Wandelmut“ von 2020 an. Dass Wartke witzige und weise Liebeslieder wie kein anderer dichten kann, da sind sich alle Redner einig, nur an einem Punkt herrscht Verwirrung. Wartkes in die Dialekte hineinlauschender „Liebeslied-Generator“ sei beeindruckend, so der Bamberger Professor Glück, aber wie sage man in Kassel: Ich liebe dich. Er schaut vom Katheder erwartungsvoll ins Publikum. Schweigen. Ob niemand aus Kassel hier sei? Eine zweite Welle von Schweigen.

Beim Empfang mit Sekt und Gebäck ließ sich mittels Befragung das Rätsel lüften. Seniorin Margrit Kistner zwinkert schelmisch und lacht: Ich war hier 60 Jahre verheiratet. Ich will ihnen sagen, wie man das in Kassel sagt: ohne Worte.

Von Andreas Erdmann

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